Abrichten eines Brettes II

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Antworten
Christof Hartge
Beiträge: 1258
Registriert: Mi 27. Mai 2020, 19:50

Abrichten eines Brettes II

Beitrag von Christof Hartge »


Vielen Dank für all Anmerkungen zu Teil I, sie werden eingearbeitet werden, hier folgt nun zunächst das Abrichten der 1. Breitseite:

3.
Das Abrichten der linken Seite des Brettes
Das zugesägte Brett ist zur rechten Seite hin rund zur linken Seite hin hohl, meist hat es sich auch ein wenig geworfen. Dies letztere ist für ein ungeübtes Auge weiger leicht zu erkennen und auch weniger leicht zu beseitigen. Das Abrichten der linken Seite beginne ich mit dem Beseitigen der Verdrehung des Brettes.
a) Beseitigung der Verwindung:
Im Prinzip ist es gleichgültig, mit welcher Breitseite man beginnt, ich fand es aber immer einfacher, die Seite zu nehmen, die sich außen am Stamm befindet, die linke Seite des Brettes. Hier wölben sich die Kanten nach außen und es wird dadurch einfacher die Verdrehung zu beseitigen. Unerläßliches Werkzeug sind zwei Richtstäbe. „Richtstab“ ist eine Eigenübersetzung von „Winding Sticks“. Weiß jemand dafür das offizielle Wort? Es handelt sich um nichts weiter als zwei ca 60 cm lange Stäbe, deren Längskanten genau parallel sind. Das Brett wird in die Hinterzange eingespannt und ein Stab vorne und einer hinten quer über das Holz gelegt. Jetzt stellt man sich hinter die Hinterzange der Hobelbank und peilt knapp über die Stäbe hinweg und wird meist feststellen, daß sich die beiden Hirnholzkanten nicht in einer Ebene befinden, sondern gegeneinander verdreht sind. Schiebt man die Stäbe enger zusammen vermindert sich der Effekt. Mit dem Doppelhobel bearbeite ich nun die Ecken, die die Richtstäbe angehoben hatten, beginne ganz in der Ecke und weite die Hobelfläche allmählich breitseits und längsseits aus. Zur Kontrolle müssen die Richtstäbe immer wieder einmal aufgelegt werden, bis sie genau parallel aufliegen. Bei diesem Prozess gut darauf achten, dem Brett keinen Buckel zu formen, weil man sich zu sehr der äußersten Eckenfläche gewidmet hat.

b) plan hobeln
Da ich mit der linken Seite begonnen habe, ist diese Seite hohl. Ist sie stark gewölbt kommt jetzt der Schrupphobel zuum Einsatz, ansonsten fahre ich gleich mit der Kurzrauhbank fort. (Denkbar sind auch - und habe ich auch schon verwendet: Rauhbank, Schlichthobel oder Doppelhobel). Ich hobele mit schräggestelltem Hobel quer zur Maserung. Sorgfältig setzte ich dabei Strich neben Strich. Bei grob eingestelttem Hobel kann es zu unkontrolliertem Ausbruch auf der gegenüberliegen Seite des Brettes kommen, deshalb hobele ich quer zur Maserung nur zu 2/3 der Strecke und den Rest von der anderen Seite zur Mitte hin. Dann folgt ein Arbeitsgang diagonal und schließlich einer längs mit der Maserung. Legt man die Kante des Hobels auf das Brett und schaut auf den Lichtdurchfall kann man schnell überprüfen wie weit die Einebnung fortgeschritten ist und gegebenfalls bestimmte Arbeitsgänge akzentuieren. Auch die Richtstäbe sollten ab und zu aufgelegt werden. Bei dieser Gelegenheit erfährt man viel über die Wuchsrichtung(en) im Holz und lernt schnell, das man nur mit dem Holz und nicht gegen es arbeiten kann.
Zeigt sich längs und quer eine befriedigende Genauigkeit hat man den wichtigsten Schritt beim Abrichten schon hinter sich. Zur Kontrolle kann man die linke Seite noch auf die Hobelbank legen. Das Brett liegt plan auf und wippt nicht. Es ist in der Regel nicht nötig an dieser Stelle ein gutes Finish zu erzielen zu wollen. Es genügt wenn die Fläche frei von Ausbrüchen ist.
Ich habe bewußt den Begriff „befriedigende Genauigkeit" verwendet. Wer gut arbeiten möchte sollte sich von der perfekten Genauigkeit lösen. Man kann mit Handwerkszeugen überaus genau arbeiten. Aber die allerletzte Genauigkeit kostet sehr viel Zeit und kann sich sehr schnell im Verklaufe des Arbeitsprozesses als obsolet erweisen. Mit der Zeit bekommt man ein Gefühl dafür wieviel Genauigkeit für welchen Verwendungszweck nötig ist.

Korrekturen erwünscht, Fortsetzung folgt, Grüße, Christof.

Wolfgang Jordan
Beiträge: 1350
Registriert: So 5. Jan 2014, 20:47
Kontaktdaten:

Re: Abrichten eines Brettes II

Beitrag von Wolfgang Jordan »


Hallo Christof,

jetzt geht's also ans Eingemachte: das Planhobeln einer Brettseite ist sicher der schwierigste Teil beim Abrichten eines Brettes.

Zu 3a: Meine Bücher sagen, daß 'winding sticks' auf Deutsch 'Richthölzer' heißen. Daneben gibt es noch das Richtscheit, das eine Art sehr langes Lineal (1-2m) ist, mit dem ein Brett auf Geradheit geprüft wird.

Ich finde es auch einfacher, mit der linken Brettseite zu beginnen. Ich denke aber, daß man das Brett besser nicht in die Hinterzange einspannt, weil man sonst Gefahr läuft, daß der Druck das Brett verbiegt. Dann würde man nach dem Lösen der Zange ein krummes Brett vorfinden. Auch muß ein konkaves Brett durch Unterlegen von Keilen stabilisiert werden. Deshalb ist es einfacher, zunächst die Ecken (bei einem verdrehten Brett) oder Kanten (bei einem konkav gewölbten Brett) abzuhobeln. Dann das Brett umdrehen (jetzt sollte es stabil liegen) und die konvexe Seite abrichten. Anschließend die konkave Seite fertig hobeln.

Zu 3b: Vielleicht sollte man deutlicher machen, daß die Wahl des Hobels davon abhängt, wie weit man noch von der angestrebten Ebene entfernt ist. Also bei großer Verwindung/Wölbung den Schrupphobel, dann Schlicht- oder Doppelhobel und zuletzt die Rauhbank. Ist das Brett schon fast eben, reicht also schon die Rauhbank.

Habe ich das richtig verstanden, daß du zuerst im 90-Grad-Winkel zur Maserung hobelst? Davon habe ich bisher erst einmal gelesen, was ist der Vorteil davon? Könnte das der Grund für das starke Ausreißen sein. Klassisch wird eigentlich zuerst diagonal abgezwercht und dann in Richtung der Maserung gehobelt.

Den letzten Abschnitt finde ich sehr gut, vielleicht weil ich auch nach diesem Prinzip arbeite;-) Die Rückwand eines Schrankes oder einer Schublade muß nicht perfekt sein, und auch sonst gibt es viele Stellen, wo man nicht so genau sein muß.

Gruß, Wolfgang

Christof Hartge
Beiträge: 1258
Registriert: Mi 27. Mai 2020, 19:50

Re: Abrichten eines Brettes II

Beitrag von Christof Hartge »


Lieber Wolfgang,
"Richthölzer" also, da habe ich ja schon nahe dran gelegen. "Windstäbe" fände ich auch nicht schlecht.

zu 3a) Ehrlich gesagt hat sich bei mir noch nie der Effekt ergeben, daß sich ein Brett unter dem Druck der Hinterzange verzogen hat. Ich habe jetzt erst zwei "schlimme" Lärchenbretter gerichtet. Wunderschöne Seitenbretter, aber leider verzogen ohne Ende mit wechselnden Faserrichtungen, eines hatte an einem Hirnholzende sogar "S-Form". Auch dies Brett ließ sich einfach spannen. Der Druck sollte freilich nicht so groß sein. Wie fixierst du denn das Brett, wenn du es nicht in die Hinterzange einspannst? Die Idee beiden Seiten zunächst die Verdrehung zu nehmen leuchtet mir ein.

zu 3b) Die Hobelauswahl werde ich noch einmal erläutern. Lange Zeit war mein Standardhobel der Doppelhobel. Dann schenkte mir mein Bruder eine Kurzrauhbank von Ulmia, für die er keine Verwendung hatte. Die ist jetzt mein Liebling für alle großflächigen Arbeiten geworden. Sie ist präzise, aber lange nicht so unhandlich wie die 60cm Rauhbank und eignet sich auch bis 60 cm ganz gut zum Fügen.

Beim Abrichten wiederhole ich die Arbeitsschritte mehrmals, so daß es relativ gleichgültig ist ob ich zuerst diagonal oder quer hobele. Wichtiger ist mir, daß wirklich Span neben Span abgehoben wird, soweit das Messer eben greift.
Zum Ausreißen beim Hobeln quer zur Maserung: Das hängt von der Spandicke und von der Beschaffenheit des Holes ab. Weiches Splintholz, z. B. neigt sehr zum Ausriß, aber nicht wenn feine Späne mit schräggestelltem Hobel abgenommen werden.

Grüße, Christof.


Oliver Montué

Re: Abrichten eines Brettes II

Beitrag von Oliver Montué »

[In Antwort auf #93457]
Hallo Christof,
anbei eine alternative Möglichkeit, die ich ab und zu mal gerne anwende:
- wenn das Brett nicht zu groß ist, spanne ich es auf einer geraden Unterlage fest und benutze ein Streichmaß, dessen Kopf an der geraden Unterlage aufliegt und ziehe an den Werkstückkanten zwei Linien, die die endgültige Dicke des Brettes bestimmen. Statt eines Steichmaßes kann man sich auch mit einem Holzblock und zwei Nägeln ein profisorischen Anreißwerkzeug bauen, was den Vorteil hat, daß die Unterlage größer als das Werkstück sein kann. Diese Linien haben zwei Vorteile: erstens kann man von beiden Seiten Material abnehmen, was gegen weiteres Werfen hilft - und zweitens muß man weniger mit Richthölzern und Lineal hantieren.
Um die Ausbrüche am Rand zu verhindern, kann man eine Fase an der Längskante bis fast zur Linie anhobeln. Dann kann man unbesorgt die Späne fliegen lassen.
Ich benutze einen Bleistift zum Markieren von Unebenheiten. Ganz zum Schluß ziehe ich parallele Linien um zu prüfen, ob auch gleichmäßig Material weggenommen wird.
Die Referenzseite wird markiert um jederzeit identifiziert werden zu können. Die Referenzseite bildet das Innere des Möbels.
Man sollte das fertig gehobelte Brett nicht auf der Bank liegen lassen, sondern so lagern, daß die Luft gleichmäßig überall zirkulieren kann, da sie das Brett ansonsten wieder wölbt.
Einige Anmerkungen zur Auswahl der Hobel: Ich selber bevorzuge Metall-Hobel abgesehen vom Schrupphobel. Ein Jack - #5 - ist der Hobel, der nach dem Schrupphobel zum Einsatz kommt. Je nach Brettlänge kann man zum Schluß noch die Rauhbank -#7- nehmen. Da diese Hobel i.d.R. ein verstellbares Maul haben, kann man mit einem eng eingestelltem #7 auch schon ein recht gutes Finish erzielen. Die Sohlen von Metallhobeln sollte man mit einer Kerze abreiben, damit sie besser gleiten.

Bis dann,
Oliver

Wolfgang Jordan
Beiträge: 1350
Registriert: So 5. Jan 2014, 20:47
Kontaktdaten:

Brett auf Werkbank fixieren

Beitrag von Wolfgang Jordan »


Man kann ein Brett natürlich schon zwischen zwei Bankhaken mit Hilfe der Hinterzange einspannen. Nur sollte man sich der Gefahr bewußt sein, daß das Brett deformiert werden könnte. Andere Methoden der Befestigung haben aber außerdem den Vorteil, daß das Brett jederzeit gedreht und gewendet werden kann, ohne eine Bankzange lösen zu müssen.

Im Grunde muß man das Brett nur daran hindern, der Kraft beim Hobeln auszuweichen. Das geht zum Beispiel, indem man es gegen einen Bankhaken schiebt. Früher gab es zu diesem Zweck in der Bankoberfläche oder am hinteren Ende versenkbare sogenannte Spitzbankhaken. Besser wäre noch, ein dünnes Brett quer über die Werkbank zu spannen und das Holz damit am Wegrutschen zu hindern. Man kann sich auch an einer Hirnkante der Bank einen (mit Schrauben und Flügelmuttern befestigten und verstellbaren) Anschlag herstellen.

Zum Abzwerchen (diagonal hobeln) genügt ein einfacher Anschlag nicht. Da wird mindestens ein zweiter Bankhaken oder eine zweite Leiste benötigt. Am einfachsten sägt man sich aber ein L-förmiges Stück Sperrholz zurecht. Der Erfindungsgabe sind hier keine Grenzen gesetzt.

Bei allen diesen Anschlägen muß man darauf achten, daß sie nicht dem Hobel im Weg sind. Mein Primus hat in einem solchen Zweikampf mit einem Bankhaken eine häßliche Narbe davongetragen. Die benutzten Bankhaken und Anschläge müssen also in jedem Fall niedriger als das zu bearbeitende Brett sein. Noch besser ist es, gleich (evtl. selbstgemachte) Bankhaken aus Holz zu benutzen.

Schöne Grüße, Wolfgang

Antworten