Große Schale schnitzen *MIT BILD*

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Michael Weisser
Beiträge: 90
Registriert: So 21. Feb 2021, 16:17

Große Schale schnitzen *MIT BILD*

Beitrag von Michael Weisser »


Hallo Zusammen,

Zuletzt habe ich wieder die Motorsägen in der Nähe gehört. Das führt bei mir meistens zum unbändigen Drang Spazieren zu gehen. Diesmal wurde eine schöne alte Birke gefällt von der ich einen Stammabschnitt bekommen habe. Leider habe ich von dem Stumpf kein Foto gemacht. Auf dem folgenden Bild habe ich den Stumpf bereits gespalten und die Rinde entfernt.
Mir gefallen die Schalen aber vor allem die Arbeitsweise von David Fisher. Daher war ich schon länger auf der Such nach einem frischen Stammabschnitt größeren Durchmessers um eine große Schale daraus zu schnitzen.


Auffällig war die extrem große Anzahl an astlochartigen Auswüchsen. Außerdem war auf einer Seite das Splintholz etwas faulig.

Die Spaltfläche soll zukünftig die Oberseite der Schale werden. Diese Fläche wurde zuerst grob mit dem Beil behauen und dann mit dem Schruppobel abgerichtet.


Ist diese Fläche abgerichtet kann man auf beiden Stirnseiten die zukünftige Unterseite der Schale markieren und bearbeiten (Beil, Schrupphobel, Schlichthobel)



Die Anzahl und Dichte der Astlöcher war wirklich überraschend. Das Holzbild ist m.E. sehr schön aber die Astlöcher werden sicherlich noch Probleme machen.


Die Schalen von David Fisher finde ich oftmals etwas zu verspielt. Ich mag es etwas einfacher daher habe ich die Schale mit einfachen Ovalen an Ober- und Unterseite entworfen.



Das Aushölen des noch nassen Rohlings passiert mit der Hohldechsel.


Ich möchte im nassen Zustand möglichst viel Material entfernen, daher mache ich noch eine Runde mit dem gebogenen Hohleisen wenn ich bis 2-3mm an die Markierung ran bin. Um eine gleichmäige Form zu erhalten habe ich ein paar Hilfskreise markiert. Ich versuche dann gleichmäßig bis zu den Hilfskreisen zu Arbeiten und die gleiche Körperhaltung beizubehalten.


Damit der Rohling nicht reißt schütze ich ihn über Nacht in einer Plastiktüte in die ich zusätzlich noch frische Späne reinlege. In der Theorie reißt die Schale nicht mehr wenn die Wandstärke einigermaßen gleichmäßig ist.

Für das Behauen der Außenseite versuche ich mit de Beil zuerst an Erhebungen bzw. Kanten anzusetzen. Gedanklich viertel ich den Rohling und versuche jedes Viertel gleichmäßig zu bearbeiten.



Auch Außen möchte ich endgültige Form möglichst ausarbeiten während das Holz noch nass ist. Traue ich mich mit dem Beil nicht mehr weiter spanne ich die Schale auf die Werkbank und arbeite mit dem Ziehmesser weiter. Am Hirnholz ist auch der Schabhobel zum Einsatz gekommen.



Jetzt liegt die Schale, eingewickelt in ein altes Betttuch, in einer Ecke der Werkstatt. Ich werde sie 1-3 Wochen im Laken lassen und wenn ich das Gefühl habe dass sie schon einigermaßen getrocknet ist, sie für weitere 2-3 Wochen offen liegen lassen. Jetzt ist Daumendrücken angesagt...ein Riss wäre mehr als nur ärgerlich.

Schön die Späne fliegen zu lassen!

Wenn die Schale trocken ist (zumindest oberflächlich) werde ich die Form endgültig ausarbeiten und die Oberfläche rundeherum schnitzen.

Also... in ein paar Wochen setze ich den Beitrag fort...

Euch allen wünsche ich schöne Festtage und alles Gute.

Michael



Bernd Grunwald
Beiträge: 491
Registriert: Mi 5. Sep 2018, 14:21

Re: Große Schale schnitzen

Beitrag von Bernd Grunwald »


Hallo Michael,

sehr schön, dieser Beitrag. Da kann man viel von lernen. Hoffentlich gibts keinen Riss. Das wäre ärgerlich. Ich habe bislang nur Schalen aus bereits getrocknetem Holz geschnitzt. Das Nassschnitzen (bzw. das Anlegen der Form im frischen Holz) dürfte allerdings einige unbestreitbare Vorteile bieten. Es geht vor allem bei den besonders harten Hölzern sehr viel leichter zu schnitzen, und man muss nicht jahrelang auf die Trocknung des Holzes warten (was bei der natürlichen Trocknung leider unumgänglich ist).

Bin deshalb sehr gespannt auf die Fortsetzung!

Und auf das Ergebnis!

Gruß
Bernd

Georg Ha
Beiträge: 51
Registriert: Do 14. Nov 2019, 12:44

Re: Große Schale schnitzen

Beitrag von Georg Ha »


Hallo Michael,

...na Kompliment, kaum gefällt und schon eine Schüssel, das nenn ich konsequent! Schaut sehr schön aus, eine Superanregung, danke fürs Zeigen und gutes Trocknen!

lg georg

Johannes M
Beiträge: 1617
Registriert: Di 21. Jul 2020, 09:09

Re: Große Schale schnitzen

Beitrag von Johannes M »


Hallo Michael,
schöne Schale. Ich würde sie einmal in der Woche wiegen, so bekommst du ganz gut mit, wie weit sie getrocknet ist.

Es grüßt Johannes

Sebastian51
Beiträge: 171
Registriert: Fr 20. Jul 2018, 09:22

Re: Große Schale schnitzen

Beitrag von Sebastian51 »

[In Antwort auf #154372]
Hallo,

ich bin beeindruckt, das sieht bereits toll aus. Benutzt Du nur diese kleine Dechsel für die Innenseite?

Viele Grüße

Sebastian

Pedder
Beiträge: 5752
Registriert: So 8. Dez 2019, 14:41
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Re: Große Schale schnitzen

Beitrag von Pedder »

[In Antwort auf #154372]
Hallo Michael,

ich mag gerade das Verspielte an David Fishers Schnitzereien. Der Drache ist großartig:
https://davidffisherblog.files.wordpress.com/2019/05/img_9588.jpg?w=1200&h=

Aber du hast natürklich recht. Wenn jeder Gegenstand im Raum aufmerksamkeit erbettelt, dann wird es sehr unruhig.

Eine schöne Schale wird das! Vielen Dank für Teilhabenlassen.

Liebe Grüße
Pedder

Michael Weisser
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Registriert: So 21. Feb 2021, 16:17

Re: Große Schale schnitzen

Beitrag von Michael Weisser »

[In Antwort auf #154375]
Hallo Bernd,

Danke für deine Worte. Ich bin selber sehr gespannt wie es mit der Schale weitergeht...noch habe ich da Ergebnis nicht vor Augen.

Die Bearbeitung von frischem Holz ist im angloamerikanischen Raum wesentlich verbreiteter als im deutschsprachigen Raum. Dort gibt es eine richtige "Grünholzbewegung". Ich bin da so ein Bisschen reingeraten weil ich schöne Holzstücke bekommen habe die ich direkt weiterverwenden wollte. In der Vergangenheit habe ich ein paar Stämme zum Sägewerk gebracht. diese trocknen jetzt seit 3 Jahren und sind immer noch nicht verwendbar. Der Aufwand ist für mich nur selten tragbar. Das Grünholzbearbeiten bietet da neue Möglichkeiten zur Verwendung die über das Löffelschnitzen hinausgehen. Das ist jetzt meine vierte Schale die ich so mache und ich habe Lust auf mehr. Die Techniken die Anwendung finden sind auch sehr Facettenreich/interessant und wie Du geschrieben hast eröffnet es neue Möglichkeiten z.B. was die Größe der Werkstücke angeht.

Viele Grüße und danke nochmal

Michael

Michael Weisser
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Re: Große Schale schnitzen

Beitrag von Michael Weisser »

[In Antwort auf #154376]
Hallo Georg,

danke für Kompliment...so reibungslos war der Übergang von Stamm zu Schale leider nur in dem Beitrag :-). Ich wollte ursprünglich die zweite Stammhälfte auch für eine Schale verwenden bei der allerdings der Umfang des Stammes die Oberseite der Schale bildet...die erste Schale hat aber die Zeit in Anspruch genommen die ich eigentlich für beide avisiert hatte...naja, vielleicht in den Weihnachtsferien.

Viele Grüße

Michael

Michael Weisser
Beiträge: 90
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Re: Große Schale schnitzen

Beitrag von Michael Weisser »

[In Antwort auf #154377]
Hallo Johannes,

Danke für den Tip...werde ich genau so machen und in der Fortsetzung des Beitrages anmerken. Mit der Zeit merkt man allerdings auch anhand der Haptik und des Gesamteindruckes wie weit der Trocknungsvorgang vorangeschritten ist.

Viele Grüße

Michael

Michael Weisser
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Re: Große Schale schnitzen

Beitrag von Michael Weisser »

[In Antwort auf #154378]
Hallo Sebastian,

Danke für Deine Worte. Ich habe zwei Hohldechsel. Die auf dem Bild ist die größere. Diese hat eine ovale Schneide mit steil abfallenden Flanken (wenn das verständlich formuliert ist). Die andere hat eine runde Schneide mit einem Durchmesser von 35mm (sehr aggressiv).nZum Aushöhlen verwende ich beide. Mit der größeren habe ich die erste leichte Aushöhlung gemacht wie sie auf dem einen Bild ersichtlich ist. Dann hat man eine relativ gerade Flanke am Werkstück in die man mit der sehr breiten Schneide nur schwer ansetzen kann. Außerdem brechen einem an der Seite die Fasern weg wenn man einfach im Kreis arbeitet. Deshalb arbeite ich an den Achsen des Rohlings mit der aggressiven Dechsel quer zur Faser Entlastungsschnitte um die Fasern zu unterbrechen und längs zur Faser arbeite ich die Form vor. Mit der "großen" Dechsel entfern ich dann das Volumen zwischen diesen Einschnitten. So hat das Aushöhlen bei dieser doch recht großen Schale insgesamt 3h gedauert (2h mit den Dechseln und 1h mit dem gebogenen Hohleisen)....kommt aber alles nicht von mir sondern ist in diversen insbesondere amerikanischen Beiträgen so oder ähnlich nachzulesen (sehr interessante Beiträge dabei). Ich habe das lediglich für mich und die zur Verfügung stehenden Werkzeuge adaptiert. Apropos Werkzeuge...das war für mich die größte Herausforderung...die Werkzeuge so zu optimieren, dass sie tun was sie tun sollen...bin da noch nicht 100% glücklich...die Kombination aus Schneidengeometrie und Griffwinkel bei den Dechseln ist eine Wissenschaft für sich...

Viele Grüße

Michael

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