Lieber Friedrich, liebe Alle,
das ist ein sehr interessantes Thema. Ich schärfe Hobel- und Stemmeisen freihändig auf Ölsteinen (Norton India, Arkansas und Washita) und anschließendem Abziehen auf Leder (teilweise mit und ohne Paste).
Ich kann Deine Erfahrungen alle so bestätigen: Das finale Abziehen auf einem Lederstreichriemen ist sehr einfach, erzeugt eine sehr gute Schärfe und lässt sich leicht und schnell mehrmals auffrischen, bevor man wieder auf den Schärfstein muss.
Neben der höheren Schärfe meine ich aber auch eine längere Standzeit bei den Tischlerwerkzeigen zu beobachten, seitdem ich mit dem Leder abziehe.
Da es nur 30-60 Sekunden dauert und das Ergebnis dann so schön ist, mache ich es gerne.
Diese Erfahrung von Markus kann ich bestätigen und voll unterschreiben und kann vielleicht auch einen Erklärungsversuch liefern:
Im Buch "The Making of Tools" von Alexander G. Weygers habe ich mal eine Zeichnung gesehen, die ich etwas ergänzt hier als eigenständige Skizze wiedergebe (ich weiß nicht ob ein Foto der Buchseite rechtlich in Ordnung wäre):
- tempImageS2eoZ4.gif (3.22 MiB) 11248 mal betrachtet
Er beschreibt, dass durch das Stropping die Schneide zwar minimal verrundet wird, der Nullradius an der Schneidenspitze und damit die Schärfe aber erhalten bleibt. Jedoch ist der Keilwinkel an der Spitze durch die Verrundung größer als der ursprüngliche Winkel, der beim Schärfen gehalten wurde. Dadurch wird die Spitze widerstandsfähiger.
Das lässt sich nach meinem Verständnis solange wieder "auffrischen" solange gilt:
Verrundeter Keilwinkel + Freiwinkel < als Bettungswinkel des Eisens.
Wenn > "reitet" die Fase auf dem Holz und dann müsste man neu Schärfen. Dabei wird dann die (absolut minimale) Verrundung durch (wiederum minimalen) Materialabtrag wieder entfernt. Ähnlich wie bei einer Mikrofase. Alles natürlich vorausgesetzt, dass es keine Ausbrüche an der Schneide gibt. Aber das habe ich selten.
Das alles klingt für mich einigermaßen plausibel und deckt sich mit meinen eigenen Erfahrungen beim Schärfen und im Gebrauch der Werkzeuge. Wenn es eine Verrundung gibt, dann ist sie so minimal, dass Sie bei einigermaßen korrektem Schärfen bei mir keine Rolle spielt.
Zur abrasiven Schärfpaste: Ich nutze Chromoxid grün mit und ohne Öl und alternativ blankes Leder (raue Seite).
Gefühlt gibt das reine Leder das für mich beste und nachhaltigste Finish, dauert aber etwas länger. Es gibt wohl auch Leute in amerikanischen Foren die mit Autosol-Polierpaste auf Weichholz sehr gute Erfahrungen machen. Das geht auch, ich finde Leder aber angenehmer.
Es gibt darüber hinaus zum Thema "einfaches, wirkungsvolles Schärfen mit wenigen Mitteln" (inkl. Stropping) ein, wie ich finde, sehr gutes Video von Mr Chickadee:
https://www.youtube.com/watch?v=kiPFlAQUGHw
(ab Minute 8:20).
Entscheidend sind bei ihm: Der verwendete Stahl und der Druck auf das Eisen und den Stein bei den unterschiedlichen Stufen.
Das Verfahren ist allerdings nur bedingt auf das Schärfen mit Wassersteinen übertragbar.
Sicherlich bekäme man mit einem 10.000er oder sogar 8.000er Wasserstein eine objektiv messbar höhere Endschärfe hin. Allerdings ist das für mich im Gebrauch relativ unerheblich. Schärfen geht bei mir schnell und ich gehe lieber einmal mehr schärfen und habe eine frische, ausreichend scharfe Schneide, als dass sie super-duper-rattenscharf ist und ich dafür aber länger brauche.
Spanendes Thema!
Viele Grüße
Lukas