Hallo zusammen,
angeregt durch den Beitrag von Markus möchte ich mich hier auch mal mit einem meiner Projekte vorstellen.
Dieser Kasten mit vier Schubladen steht mittlerweile in meinem Arbeitszimmer im Regal und ersetzt dort einen hässlichen Plastikorganiser.
Die Schubladen sind so dimensioniert, dass sie DIN-A4 Papier mit etwas Luft aufnehmen und in das Fach auf der linken Seite passt ein breiter Leitz-Ordner.
Gefertigt habe ich ihn nur mit Handwerkzeug aus einem großzügigen Reststück einer Kieferbohle, welche von der Restaurierung eines alten Kleiderschranks übrig geblieben war. Einzige Ausnahme sind die Griffknöpfe der Schubladen, welche ich tatsächlich auf einer elektrisch betriebenen Drechselbank aus Ahorn gefertigt habe. Die Böden der Schubladen sind aus Sperrholz und haben unten ein Loch, so dass man das Papier zum Entnehmen von unten notfalls hoch drücken kann.
Die Bohle habe ich von Hand aufgetrennt und die Einzelteile ebenfalls von Hand ausgehobelt. Alle Verbindungen wurden ebenfalls von Hand hergestellt und mit Knochenleim verleimt. Das Leimholz für den Korpus habe ich auch selbst auf diese Weise hergestellt.
Die vertikale Trennwand sitzt oben und unten und die kleinen Rahmen auf denen die Schubladen laufen seitlich in vorne abgesetzten Nuten. Diese habe ich mit Stechbeitel und Grundhobel hergestellt.
Zum Auftrennen der dünneren Brettchen von Hand habe ich zuerst eine Führungsnut mit einem „Kerfing-Plane“ an allen Seiten eingesägt. Das macht das anschließende Auftrennen mit dem Fuchsschwanz deutlich einfacher... zumindest was die Führung der Säge angeht.
Fehlerfrei ist dieses Projekt natürlich auch nicht und muss es meiner Meinung nach auch gar nicht sein. So haben z.B. alle vier Korpusseiten leicht unterschiedliche Stärken ebenso wie die Traversen zwischen den Schubladen, von den Schubladenseiten ganz zu schweigen... so genau am angestrebten Maß wie ich es von Hand bei gleichzeitiger Ebenheit eben hinbekommen habe. Mehr ist meiner Meinung auch nicht notwendig, denn am fertigen Projekt fallen die leichten Ungenauigkeiten gar nicht auf. Daher ist es beim Arbeiten nur mit Handwerkzeug aber eben immer wichtig, Maße direkt am entsprechenden Bauteil abzunehmen, da die von Hand gehobelten Teile eben nicht immer eine perfekte Maßhaltigkeit haben.
Etwas ärgerlich war, dass ich eigentlich geplant hatte, die Eckverbindungen (Schwalbe und Zinken) des Korpus vorn auf Gehrung abzusetzen. Dann hatte ich aber direkt bei der ersten Korpusecke falsch gesägt und da ich keine Lust hatte nochmal das Leimholz für eine Korpusseite komplett neu herzustellen, hab ich beschlossen, dass es auch ohne Gehrung geht. Bei den Schwalben und Zinken habe ich einige allzu große Spalten mit eingeleimtem Funier kaschiert. Das sieht man am Ende tatsächlich nur noch, wenn man weiß, wo man suchen muss. Alles in allem sind sie meiner Meinung nach allerdings recht gut gelungen.
Die Rückseite besteht aus dünnen Brettchen, welche aber nur auf der Innenseite glatt gehobelt wurden. Die Außenseite der Rückwand habe ich nur grob geglättet. (Sieht im Regal sowieso keiner.) Diese Brettchen haben an den Seiten eine Falz, so dass die Rückseite dicht ist, auch wenn die Brettchen etwas schwinden. Aus diesem Grund habe ich sie auch nur mittig oben und unten mit je einem Holznagel befestigt.
Alle Oberflächen wurden zum Schluss mit dem Putzhobel geputzt und anschließend mit Leinöl und Wachs behandelt.
Die Herstellung war zwar durch die Handarbeit sehr aufwendig und vor allem zeitintensiv, aber es hat viel Spaß gemacht - die Kiefer ließ sich gut bearbeiten und bei jedem Arbeitsschritt hat die Werkstatt wundervoll geduftet. Ich hatte wirklich viel Freude dabei und erfreue mich jetzt auch noch (fast) jeden Tag daran.
Auch ich würde mich sehr freuen mehr von Euren Projekten, egal ob klein oder groß, hier zu sehen.
Gruß
Georg
Kasten mit Schubladen aus Kiefer
Kasten mit Schubladen aus Kiefer
- Dateianhänge
-
- 001 - Kasten komplett.jpg (2.92 MiB) 3452 mal betrachtet
-
- 002 - Schublade.jpg (3 MiB) 3452 mal betrachtet
-
- 003 - Zinken.jpg (3.43 MiB) 3452 mal betrachtet
-
- 004 - Korpus zusammenfügen.jpg (715.24 KiB) 3452 mal betrachtet
-
- 005 - Kerfing Plane.jpg (3.58 MiB) 3452 mal betrachtet
-
- 006 - Auftrennen Furchsschwanz.jpg (3.85 MiB) 3452 mal betrachtet
-
- 007 - Rückwand.jpg (3.8 MiB) 3452 mal betrachtet
-
- Beiträge: 3202
- Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09
Re: Kasten mit Schubladen aus Kiefer
Hallo Georg,
da hast Du etwas ganz tolles gebaut. Der Entwurf gefällt mir sehr gut (besonders auch als pfiffiges Detail das Loch im Schubladenboden zum Anheben der Papierblätter ) , die Ausführung scheint mir handwerkzeuggerecht (z.B. die nur einseitig geputzte Rückwand) und die Herstellung nur mit Handwerkzeugen sichert dem Projekt eine Exklusivität, die man sonst wohl kaum erreicht. Spitze!!
Was mich noch interessieren würde: Wie sind die Schubladen geführt?
Ich bin begeistert. Grüße, Friedrich
da hast Du etwas ganz tolles gebaut. Der Entwurf gefällt mir sehr gut (besonders auch als pfiffiges Detail das Loch im Schubladenboden zum Anheben der Papierblätter ) , die Ausführung scheint mir handwerkzeuggerecht (z.B. die nur einseitig geputzte Rückwand) und die Herstellung nur mit Handwerkzeugen sichert dem Projekt eine Exklusivität, die man sonst wohl kaum erreicht. Spitze!!
Was mich noch interessieren würde: Wie sind die Schubladen geführt?
Ich bin begeistert. Grüße, Friedrich
Re: Kasten mit Schubladen aus Kiefer
Hallo Georg,
wow, das ist ein tolles Projekt. Ich finde solche Organisations- und Aufbewahrungshelferlein immer super. Ich glaube, viele Leute könnten sich gar nicht vorstellen, wie viel Arbeit in so etwas steckt, wenn man tatsächlich alles von Hand macht.
Hut ab!
Christoph
wow, das ist ein tolles Projekt. Ich finde solche Organisations- und Aufbewahrungshelferlein immer super. Ich glaube, viele Leute könnten sich gar nicht vorstellen, wie viel Arbeit in so etwas steckt, wenn man tatsächlich alles von Hand macht.
Hut ab!
Christoph
-
- Beiträge: 1268
- Registriert: Mo 15. Mär 2021, 07:21
- Wohnort: Bad Laer / Remsede
- Kontaktdaten:
Re: Kasten mit Schubladen aus Kiefer
Hallo Georg,
auch ich bin begeistert, sowohl von dem Entwurf als auch von der Ausführung.
Dass du die Gehrung "vergessen" hast empfinde ich als Vorteil
Die Gehrung würde zu dem Gesamtkonzept nach meinem Geschmack irgendwie nicht passen.
Wie Fritz würde mich die Führung der Schubladen ebenso interessieren.
Absolut erstaunlich finde ich deine Rückwand.
So was habe ich noch nie gesehen. Wo hast du das her?
Ich verstehe das doch richtig: Wenn die Holznägel nicht wären, dann würde die Rückwand einfach in drei Teile rausfallen, oder?
Die Rückwand entspricht genau der Vorgehensweise der alten Tischler: Da, wo es keiner sieht, kann man krumm und schief und nur nach Funktionalität bauen.
Die Idee, vor dem Auftrennen der Brettchen eine Führungsnut mit der Kerfing-Plane zu machen finde ich super.
Ich meine, dass ich das vor Jahren selber auch schon mal gemacht habe, ich habe es aber völlig vergessen.
Bei meinem Kästchen hätte ich es nämlich auch so machen können, ich Dussel.
Viele Grüße
Markus
auch ich bin begeistert, sowohl von dem Entwurf als auch von der Ausführung.
Dass du die Gehrung "vergessen" hast empfinde ich als Vorteil
Die Gehrung würde zu dem Gesamtkonzept nach meinem Geschmack irgendwie nicht passen.
Wie Fritz würde mich die Führung der Schubladen ebenso interessieren.
Absolut erstaunlich finde ich deine Rückwand.
So was habe ich noch nie gesehen. Wo hast du das her?
Ich verstehe das doch richtig: Wenn die Holznägel nicht wären, dann würde die Rückwand einfach in drei Teile rausfallen, oder?
Die Rückwand entspricht genau der Vorgehensweise der alten Tischler: Da, wo es keiner sieht, kann man krumm und schief und nur nach Funktionalität bauen.
Die Idee, vor dem Auftrennen der Brettchen eine Führungsnut mit der Kerfing-Plane zu machen finde ich super.
Ich meine, dass ich das vor Jahren selber auch schon mal gemacht habe, ich habe es aber völlig vergessen.
Bei meinem Kästchen hätte ich es nämlich auch so machen können, ich Dussel.
Viele Grüße
Markus
Instagram: https://www.instagram.com/holz_schrat
Re: Kasten mit Schubladen aus Kiefer
Hallo, vielen Dank für das positive Feedback von Euch.
@Friedrich @Markus: Die Schubladen werden nicht im klassischen Sinne geführt. Die laufen tatsächlich nur auf den Traversen und den dahinter liegenden Leisten der kleinen Rahmen, seitlich durch die Seitenwände "geführt". Da die maximale Größe des Kastens durch das Regalfach vorgegeben war, gleichzeitig DIN-A4 in die Schubladen plus der Ordner in das Seitenfach passen sollten, war mir eine traditionelle Schubkastenführung mit Lauf- und Streifleisten einfach zu raumgreifend. Ich habe mich hier tatsächlich einfach an den kleinen Schubkästen über der Schreibplatte in meinem alten Sekretär orientiert. Diese laufen auch einfach in den Korpus ohne spezielle Führung. Zwar sind meine Schubkästen drei bis vier Mal so groß, aber sie werden auch nicht täglich herausgezogen, so dass ich denke, die Konstruktion wird viele Jahre bis Jahrzehnte überdauern, bis die Abnutzung an den Schubkästen und/oder den Laufflächen relevant wird. Zudem ist der benutzte Knochenleim ja reparaturfreundlich.
@Markus: Zur Rückwand. Ja, ohne die Holznägel würde diese in ihre drei Einzelbrettchen zerfallen. Einfache Rückwände aus einzelnen aufgenagelten Brettern habe ich bei alten Möbeln schon sehr oft gesehen. Und die Idee Holznägel zu verwenden fand ich schon von dem Moment an spannend, als ich das erste Mal davon gehört habe. Lothar Jansen-Greef hat mal ein sehr interessantes Video zu Holznägeln gemacht und auch im Spannagel findet sich ein, wie ich finde, sehr interessanter Abschnitt über Holznägel. Ich wollte das immer schon Mal bei einem Projekt ausprobieren und hier hat sich die Gelegenheit ergeben. Es passte ganz gut, da ich zwar eine Rückwand wollte, diese aber nicht wirklich zur Aussteifung des Korpus benötigt wird und eigentlich auch nicht von vorne Sichtbar ist. Bislang verläuft das Experiment gut.
@Friedrich @Markus: Die Schubladen werden nicht im klassischen Sinne geführt. Die laufen tatsächlich nur auf den Traversen und den dahinter liegenden Leisten der kleinen Rahmen, seitlich durch die Seitenwände "geführt". Da die maximale Größe des Kastens durch das Regalfach vorgegeben war, gleichzeitig DIN-A4 in die Schubladen plus der Ordner in das Seitenfach passen sollten, war mir eine traditionelle Schubkastenführung mit Lauf- und Streifleisten einfach zu raumgreifend. Ich habe mich hier tatsächlich einfach an den kleinen Schubkästen über der Schreibplatte in meinem alten Sekretär orientiert. Diese laufen auch einfach in den Korpus ohne spezielle Führung. Zwar sind meine Schubkästen drei bis vier Mal so groß, aber sie werden auch nicht täglich herausgezogen, so dass ich denke, die Konstruktion wird viele Jahre bis Jahrzehnte überdauern, bis die Abnutzung an den Schubkästen und/oder den Laufflächen relevant wird. Zudem ist der benutzte Knochenleim ja reparaturfreundlich.
@Markus: Zur Rückwand. Ja, ohne die Holznägel würde diese in ihre drei Einzelbrettchen zerfallen. Einfache Rückwände aus einzelnen aufgenagelten Brettern habe ich bei alten Möbeln schon sehr oft gesehen. Und die Idee Holznägel zu verwenden fand ich schon von dem Moment an spannend, als ich das erste Mal davon gehört habe. Lothar Jansen-Greef hat mal ein sehr interessantes Video zu Holznägeln gemacht und auch im Spannagel findet sich ein, wie ich finde, sehr interessanter Abschnitt über Holznägel. Ich wollte das immer schon Mal bei einem Projekt ausprobieren und hier hat sich die Gelegenheit ergeben. Es passte ganz gut, da ich zwar eine Rückwand wollte, diese aber nicht wirklich zur Aussteifung des Korpus benötigt wird und eigentlich auch nicht von vorne Sichtbar ist. Bislang verläuft das Experiment gut.