Oberflächenbehandlung Leinöl + Shellack

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
MaxS
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Re: Oberflächenbehandlung Leinöl + Shellack

Beitrag von MaxS »

Hallo Päddy,

bei der Holzkombination würde ich versuchen, die z.B. von Leinöl bekannte starke Gelbtönung des Ahorns möglichst zu minimieren. Außerdem sollte das Öl idealerweise eher dünnflüssig sein und gutmütig abtrocknen/aushärten.
Ich würde dafür https://www.complex-farben.at/produkte/ ... en/hartoel (farblos) testen. Nachteil ist dabei der relativ hohe Anteil an Lösemittel, die in dem Fall aber recht mild sind und meines Wissens eher unproblematisch. Eine Volldeklaration ist leider nicht erhältlich.
Die damit erzielbaren Oberflächen sind sehr hochwertig und bei vielfachem dünnem Auftrag bis zu einem Seidenglanz steigerbar. Die Verarbeitung ist sehr einfach; gerade bei vielen (Innen)Ecken und Kanten macht sich die niedrige Viskosität positiv bemerkbar.

Falls die Gelbtönung des Ahorns erwünscht ist, wird die Auswahl größer, weil Leinöl häufig Grundzutat ist:
https://shop.naturhaus.net/innenbereich ... 0214_M0750 oder andere Hartöle des Herstellers
https://www.kreidezeit.de/produkt/harto ... ittelfrei/ oder eines des lösemittelhaltigen (bei diesem Hersteller Balsamterpentin)
Leinos hat auch verschiedene Hartöle im Programm; ich hatte nur mal das LF248 getestet. Das war auch in Ordnung, hat aber mein lokaler Händler nicht im Programm.
https://shop.natural-farben.de/Oele-fue ... kjjc3n9mf4 - recht harzhaltig und deshalb relativ hoher Gehalt an Lösemitteln

Ich würde abraten von eher viskosen Hartwachsölen, weil ich da von größeren Problemen beim Auftrag ausgehe. Außerdem überzeugen mich die HWÖ von Osmo, Saicos und diversen weiteren Herstellern nicht wirklich in Bezug auf Transparenz in Bezug auf Inhaltsstoffe (also Volldeklaration) und ökologische Belange sowie die Verarbeitung, die teils schon denen von Lack gleicht. Das hat meines Erachtens mit "Öl" nur noch wenig zu tun, das ist eher ein Öl-Lack.
Auch eher schnelltrocknende, sehr harzige Öle für den Fußbodenbereich könnten da Probleme machen. Die würde ich hier meiden.

Als natürliches Öl für diese Hölzer bietet sich Walnuss- oder Färberdistelöl an, aber deren Trocknungszeiten sind leider sehr lang.

Ich kann Dir nur empfehlen, einige Materialproben zu ordern (wo erhältlich) und einige Probestücke anzulegen.

Was den Auftrag von Schellack angeht: Pinselspuren werden weniger, je hochwertiger/feiner der Pinsel besetzt ist und je besser man damit umgehen kann. Geübte Anwender tragen Schellack so wohl auch auf Schnitzereien in sehr sauberer Weise auf - ich kann das (noch?) nicht. Die Variante mit dem Ballen ist meiner Erfahrung und Meinung nach nur auf halbwegs ebenen Flächen vorteilhaft und zielführend, besonders als wenig geübter Anwender.

Für den Stuhl würde ich wohl mal das Complex Hartöl ins Auge fassen; das sollte nach 2-3 Aufträgen mit feinem Zwischenschliff recht schön sein. Alternativ dürfte Zweihorn NPO auch eine schöne Oberfläche erzeugen, aber das könnte noch etwas weiter von der gewünschten Naturvariante weg sein.
Auftragen würde ich nach sorgfältiger Entstaubung der Oberfläche per Pinsel, ggf. stark saugende Stellen im gleichen Durchgang nochmal nachölen, um dann nach einer gewissen Zeit eventuelle Überstände mit einem Lappen, ggf. auch Küchenpapier/Toilettenpapier, abzunehmen. Die Oberfläche darf noch leicht feucht sein, aber keinesfalls speckig-nass glänzend.

Viel Erfolg!
Max
Johannes F
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Re: Oberflächenbehandlung Leinöl + Shellack

Beitrag von Johannes F »

Hallo Päddy,

Ein herzliches Willkommen auch von mir.
Deine Ansätze gefallen mir gut und Dein Schaukelstuhl ist sehr bemerkenswert für die kurze Erfahrungszeit.

Zum Thema Leinöl: ich verwende als Öl fast ausschließlich rohes, unbehandeltes Leinöl. Das dauert schon mindestens 2 Wochen bei sehr sparsamen Auftrag, ansonsten auch länger (oder noch länger, Licht und Temperatur spielt eine große Rolle - in einer Kiste riechen die Sachen auch noch Monate später intensiv nach öl!!).
Ich habe nach der Durchtrocknung schon Schellack und auch Wachs aufgetragen. Meiner Meinung nach verbessert sich dadurch eher die Optik als die Robustheit. Besonders die Schellackschicht ist bei einem Auftrag mit dem Ballen nur sehr sehr dünn, das wird bei einer hoch beanspruchten Fläche wie einem Stuhl vermutlich nur kurz halten und muss dann nachgeplegt werden. Ich würde es vermutlich nicht machen.
Gegen einen Gelbton kann man dem Öl auch selbst weiße Pigmente zumischen, wie z.B. Titanoxid - habe ich auch erfolgreich schon gemacht. Titanoxid war lange Zeit als Lebensmittelzusatzstoff freigegeben, jedoch soll es als Nanopartikel ggf. schädlich sein. Muss jeder selbst wissen, was er aus so einer Info macht.
Weiterhin gutes Gelingen und gerne schauen wir uns (noch mehr) Bilder an.

Johannes
MarkusB
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Re: Oberflächenbehandlung Leinöl + Shellack

Beitrag von MarkusB »

Hallo Päddy,

da bleibt einem die Spucke weg.
Der ist der echt gut gelungen.

Das Problem mit dem Halten eines bestimmten Bohrwinkels kenne ich von Hockern und Beistelltischchen.
Beim Einsetzen der Beine fängt man an zu beten... :-)

Klötzchen mit einer V-Nut können einem helfen, runde Werkstücke besser einzuspannen.

2 Fragen habe ich noch:
Verwendest du den Veritas Zapfenschneider mit der Bohrwinde oder mit einer stromlosen Bohrmaschine/Brustleier?
Was für ein Holz hast du genommen?

Viele Grüße

Markus
MaxS
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Re: Oberflächenbehandlung Leinöl + Shellack

Beitrag von MaxS »

Hallo Päddy,

eine weitere Möglichkeit ist mir heute noch eingefallen, gestern war es ja doch schon etwas später.
https://shop.naturhaus.net/innenbereich ... 34/deckoel
Nachteil: Dieses Öl feuert nur wenig an - dafür ist es lösemittelfrei, die Ergiebigkeit ist sehr hoch und es ist lebensmittelgeeignet.

Grüße
Max
PoorManWoodworker
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Re: Oberflächenbehandlung Leinöl + Shellack

Beitrag von PoorManWoodworker »

Karl.K hat geschrieben: So 17. Sep 2023, 11:44 Guten Morgen,

boiled linseed oil ist vergleichbar mit Leinölfirnis, denn es enthält ebenfalls Sikkative (s. englischsprachige Wikipdia). In der deutschen Wikipedia werden die unterschiedlichen Begrifflichkeiten sehr gut erklärt.

Ich gehe davon aus, dass die Sikkative, solange im Öl/Holz gebunden sind, eher unschädlich sind, ist aber meine persönliche Meinung. Kritischer wird es, wenn nach Jahren des Gebrauchs das Holz geschliffen wird, ... und Sicherheitsdatenblätter der von Dir ausgewählten Lieferfirma schauen.

Bei der Bezeichnung "gekochtes Leinöl" gibt es meines Erachtens eine Unschärfe. Zum einen wird Leinöl erhitzt, um eine gewisse Polimerisation zu erreichen (das Öl wird dickflüssiger, die freien Ölsäuren haben sich mit Sauerstoff verbunden, die Aushärtezeit wird niedriger etc.), zum anderen wird Leinöl aber auch zum Entschleimen bei wesentlich höheren Temperaturen gekocht.

Eventuell findest Du weitere Informationen bei Youtube auf dem Kanal von Lothar Jansen-Greef.

Bitte teile Deine Erfahrungen weiter mit, da es ein spannendes Thema ist.

Gruß
Karl
Moin Karl!

Danke für deinen Beitrag, da sind einige Hinweise, auch für die praktische Anwendung, dabei die mir weiter helfen (könnten).

Okay, prima Einwand bzgl. des BLO und Wikipedia, ich hatte in Videos nur dessen Verwendung gesehen, mit Kommentaren der Anwender - aber vielleicht wissen die manchmal selbst nicht was wirklich drin ist und habe das dann auch nicht weiter hinterfragt, im Glauben dass wäre reingekochtes Leinöl.

Ich habe vorhin noch gelesen, dass Leinöl manchmal gekocht und manchmal wärmebehandelt wird. Wärmebehandeltes soll eher untauglich sein.
Das heißt ich sollte mich auf die Suche nach gekochtem Leinöl ohne Metallsalze machen. Häufig wird gekochtes Leinöl angepriesen, erst in der Beschreibung wird deutlich dass es eigentlich Leinölfirnis ist, weil die Sikkative noch hinzugefügt wurden.

(Ich weiß Lothar Jansen Greef aufgrund seiner Kompetenz extrem zu schätzen, aber er zappelt häufig rum, das lässt mich unruhig werden. ( ; )
Er hat einige Videos zum Thema Oberflächenbehandlung, zu meiner spezifischen Frage hatte ich nichts gefunden, aber ich könnte ihm ja mal eine Nachricht schreiben. Kann mir vorstellen dass er für so etwas zu haben ist...

Ich habe gestern Shellack (Lemon) angesetzt. Ein Gläschen reinen Shellack und ein weiteres Glas mit dem selben Mischverhältnis, den Inhalt allerdings noch einmal mit Leinöl verdoppelt. Da Max in seinem letzten Beitrag auf die Gelbtönung (Leinölbehandlung) bei Ahorn hin gewiesen hat, finde ich eignet sich Ahorn gut um verschiedene Anwendungen zu testen.
Ich werde später noch ein Ahornbrettchen hobeln und dann rohes Leinöl, rohes Leinöl/Shellack (50/50), reinen Shellack, sowie rohes Leinöl mit verzögertem Shellackanstrich testen.
Das sind dann erst mal die 4 gängigen Varianten (für mich zumindest). Werde dann mal von dem ersten (Zwischen)ergebnis in den nächsten Tagen berichten.
PoorManWoodworker
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Re: Oberflächenbehandlung Leinöl + Shellack

Beitrag von PoorManWoodworker »

MaxS hat geschrieben: Mo 18. Sep 2023, 01:05
Als natürliches Öl für diese Hölzer bietet sich Walnuss- oder Färberdistelöl an, aber deren Trocknungszeiten sind leider sehr lang.

Ich kann Dir nur empfehlen, einige Materialproben zu ordern (wo erhältlich) und einige Probestücke anzulegen.

Was den Auftrag von Schellack angeht: Pinselspuren werden weniger, je hochwertiger/feiner der Pinsel besetzt ist und je besser man damit umgehen kann. Geübte Anwender tragen Schellack so wohl auch auf Schnitzereien in sehr sauberer Weise auf - ich kann das (noch?) nicht. Die Variante mit dem Ballen ist meiner Erfahrung und Meinung nach nur auf halbwegs ebenen Flächen vorteilhaft und zielführend, besonders als wenig geübter Anwender.

Auftragen würde ich nach sorgfältiger Entstaubung der Oberfläche per Pinsel, ggf. stark saugende Stellen im gleichen Durchgang nochmal nachölen, um dann nach einer gewissen Zeit eventuelle Überstände mit einem Lappen, ggf. auch Küchenpapier/Toilettenpapier, abzunehmen. Die Oberfläche darf noch leicht feucht sein, aber keinesfalls speckig-nass glänzend.

Viel Erfolg!
Max
Moin Max!

Habe mir mal einen ersten Überblick verschafft und werde mir Materialproben zukommen lassen, da ich es schwierig finde eins aus vielem auszuwählen und man ja auch nicht so genau weiß was einen erwartet bei unbekannten Produkten, so habe ich dann auch ein paar Grundlagen zum selber experimentieren.
Bei Angeboten ohne Volldeklaration bin ich auch prinzipiell raus, einfach weil es meine Überzeugung ist, dass Firmen eine Verantwortung haben und dieser so nicht nachkommen können.

Ein Nussöl werde ich mir auch zulegen ( kann man ja auch mit Leinöl mischen und experimentieren ( ; )

Mit stark saugenden Stellen meinst du überwiegend/ausschließlich? Hirnholz?
Werde den Schellackauftrag mal mit Pinsel und Ballen testen.

Moin Johannes und Markus!

Danke für eure Komplimente, bin bis hierhin auch ganz zufrieden. Vermutlich Anfängerglück ( ; Wobei ich es als einfacher empfinde einen Stuhl mit Kurven/Rundungen zu fertigen, da abgesehen von Kernstellen mangelnde Genauigkeit nicht (so) ins Gewicht/Auge fällt.

Johannes: Was für Wachs(e) hast du aufgetragen?
Nach deinem Beitrag habe ich noch etwas recherchiert und bin auf den Artikel ( https://blog.lostartpress.com/2021/07/1 ... ax-finish/ ) von Chris Schwarz aufmerksam geworden, der ja auch/überwiegend Stühle fertigt und in diesem Post rohes Leinöl mit Bienenwachs und Limone in einer Mischung aufträgt und behauptet dass man, "richtig" angewendet, nach Stunden den Stuhl schon nutzen kann.
(interessant für mich hierbei die Anteile um die Anfeuerung des Leinöls beizubehalten)

Hat jemand eine Idee wie man Limonene, um eine weichere Paste zu erhalten, natürlicher ersetzen könnte?

Aber so als Grundlage um etwas eigenes, schönes zu entwickeln finde ich, sind Leinöl-Schellack- und Leinöl-Wachsmischungen schon mal ein guter und interessanter Start.

Markus:
Das mit dem Klötzchen und der V-Nut ist gut, weil ich des öfteren mit runden, rundlicheren Gegenständen arbeiten möchte.
Also ich verwende den konischen Veritas Zapfenschneider ( https://assets.leevalley.com/Size4/1004 ... 8-f-12.jpg ), habe dank deiner Frage nun erst gesehen, dass man die anderen auch mit Bohrwinde und Adapter nutzen kann.
Ich habe Nussbaum und Ahorn verwendet.
Johannes F
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Re: Oberflächenbehandlung Leinöl + Shellack

Beitrag von Johannes F »

Hallo Päddy,

ich habe das Wachs aus Bienenwachs, Carnaubawachs und Balsamterpentin selbst angemischt. Es ist diese Anleitung:

Rezept für ein lösemittelhaltiges ölfreies Wachsbalsam:

1 Teil Carnaubawachs
2 Teile Bienenwachs
6 Teile Balsam-Terpentin

zu finden bei http://www.wikidorf.de/reintechnisch/In ... lenRezepte auf dieser Seite findest Du auch viele weitere Rezepte und Informationen zu Ölen und Wachsen.

Wenn Du mit Wachs arbeiten willst, wirst Du vermutlich schwer um Lösemittel herumkommen. Balsamterpentinöl ist ein natürlicher Stoff der aus Kiefern gewonnen wird, was nicht heißt, dass er gänzlich ungefährlich ist. Viele Leute setzen künstlich-giftig und natürlich-ungefährlich gleich - das ist ein großer Irrtum. Ein paar Blätter des Roten Fingerhuts beispielsweise, der in vielen Gärten wächst, ist ziemlich tödlich. Auch Limonen, das auch künstlich hergestellt werden kann, ist der Hauptbestandteil von Orangen-, bzw. Zitronenschalenöl - insofern kann man nicht pauschal von unnatürlich sprechen. Man könnte es sogar selbst aus den Zitrusschalen pressen / destillieren, was aber vom Aufwand her für ein Holzprojekt doch etwas zu viel des Guten ist.
Wie die von Chris Schwartz angesprochene Mischung innerhalb weniger Stunden staubtrocken sein soll, ist mir etwas schleierhaft so ohne Trockenstoffe und selbst dann ...
Insgesamt ist es ein edles Vorhaben auf "unnötige" Inhaltsstoffe verzichten zu wollen - aber dann sollte man auch die Nachteile in Kauf nehmen (wie längere Trockenzeit). Die Hersteller machen da ja keine Trockenstoffe rein nur um uns zu ärgern, sondern weil sich die Aushärtezeiten um ein vielfaches verkürzen - das kann ich aus Erfahrung bestätigen. Als nicht gewerblicher Hobbyist kann ich es mir allerdings leisten, mehrere Wochen auf ein Durchtrocknen zu warten.
Lothar Jansen Greef rät in einem seiner Videos vom Öl-Wachs-Gemisch ab, er macht erst Öl und nach dem Trocknen Wachs, da das Wachs das Ölen beim Aushärten behindern würde. Für mich ist das einleuchtend, jedoch gibt es dermaßen viele Hartwachsöle etc. am Markt, dass es vermutlich doch irgendwie funktioniert. Du könntest ja ein Probestück ausprobieren.
In der Schellackpolitur habe ich marginale Erfahrungen als Anfänger und da habe ich auch teilweise mit Öl vorher angefeuert. Mit direkten Mischungen, Schellack-Öl habe ich keinerlei Erfahrung. Ich dachte auch eigentlich, dass Schellack gar nicht öllöslich ist. Wie bereits gesagt, ist Schellack eher was für eine Glanzoptik (welche aber besonders schön ist) - zusätzliche Robustheit würde ich nicht zu sehr erwarten

Viele Grüße

Johannes
PoorManWoodworker
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Re: Oberflächenbehandlung Leinöl + Shellack

Beitrag von PoorManWoodworker »

Johannes F hat geschrieben: Di 19. Sep 2023, 14:18 Hallo Päddy,

ich habe das Wachs aus...

Viele Leute setzen künstlich-giftig und natürlich-ungefährlich gleich - das ist ein großer Irrtum. Ein paar Blätter des Roten Fingerhuts beispielsweise, der in vielen Gärten wächst, ist ziemlich tödlich.


Insgesamt ist es ein edles Vorhaben auf "unnötige" Inhaltsstoffe verzichten zu wollen - aber dann sollte man auch die Nachteile in Kauf nehmen (wie längere Trockenzeit). Die Hersteller machen da ja keine Trockenstoffe rein nur um uns zu ärgern, sondern weil sich die Aushärtezeiten um ein vielfaches verkürzen.

Lothar Jansen Greef rät in einem seiner Videos vom Öl-Wachs-Gemisch ab, er macht erst Öl und nach dem Trocknen Wachs, da das Wachs das Ölen beim Aushärten behindern würde.
In der Schellackpolitur habe ich marginale Erfahrungen als Anfänger und da habe ich auch teilweise mit Öl vorher angefeuert. Mit direkten Mischungen, Schellack-Öl habe ich keinerlei Erfahrung. Ich dachte auch eigentlich, dass Schellack gar nicht öllöslich ist.

Viele Grüße

Johannes
Moin Johannes

Danke.

Da gibt es keinen Einwand meinerseits, bin da völlig bei dir. Habe mich da nicht passend ausgedrückt und hätte die Frage anders formulieren sollen.

Jein. Ich habe kein Problem damit länger zu warten, aber ich suche halt auch gerne aktiv Lösungen und wenn ich jetzt nun an die 2 Beispiele (Chris Schwarz und Jeff Jewitt, ) denke, die ihrerseits Lösungen gefunden haben, anwenden die in meinen Augen ein mehr als passabler Kompromiss sind dann lohnt sich das auf jeden Fall etwas Zeit und Grips zu investieren (für mich zumindest).
Und was die Hersteller angeht, also da gibt es genug Beispiele (alleine wenn ich an die Lebensmittelindustrie denke graut es mir)...
Ich behaupte nicht, dass die angebotenen Produkte nicht entsprechend schnell trocknen, aber ich erkläre mir das im Fall von Chris Schwarz z.B. so (gerne Einwände).
Die Mischung (Leinöl/Sojawachs/Essigessenz -gefunden in einem Drechslerforum) die ich angesetzt habe um Risse am Hirnholz zu verhindern/vermindern, bewirkt dass die Restfeuchtigkeit im Holz viel langsamer entweicht als es normal der Fall ist. D.h. letztendlich dass ein Wachs- oder auch (vermutlich) Schellackanteil den Feuchtigkeitsverlust nicht gänzlich verhindert.
Das Problem soll ja sein, dass das Öl unter dieser Schicht nicht entsprechend aushärten kann oder nur sehr langsam/ zu langsam und dann Pilz- oder Schimmelbefall entstehen kann.
An der Oberfläche/kurz darunter, mit Leinöl ohne Sikkative + Wachs/Schellack, wird es trotzdem vermutlich recht schnell trocken sein. (s. C. Schwarz).
Ich kann mir vorstellen dass eine längere Aushärtungszeit im Holz, theoretisch zumindest, eher unproblematisch ist. Und womöglich, da komme ich wieder zur Hirnholzversiegelung ist das Beifügen einer Essigessenz, oder anderen antibakteriellen Substanz, eine Möglichkeit um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen dass das Holz langsamer unfallfrei aushärtet.

Ich habe gestern und heute etwas ausprobiert (Leinöl/ Schellack/Leinöl-Schellack 50/50/ Leinöl auftragen + einziehen lassen, abwischen und Schellack auftragen/Leinöl auftragen + einziehen lassen, abwischen und Auftrag heute) Schellack ist Lemon und rohes Leinöl.
Fichtenbrettchen:
Bei Fichte sind die Unterschiede bei einem Auftrag marginal. Schellack und Leinöl-Schellack etwas dunkler und intensiver als rohes Leinöl. Leinölauftrag, einziehen lassen, abwischen (sowohl direkt, als auch über Nacht) ergibt kaum einen Unterschied als der 50/50 Leinöl-Schellackauftrag. Mehrere Schellackschichten gehen problemlos nach erstmaligem Leinölauftrag (mit gewissen kurzen Trocknungszeiten) Wird dann schon deutlicher sichtbarer dunkler und intensiver.
Ahornbrettchen:
Dort gibt es deutlich sichtbare Unterschiede zwischen Leinöl, Schellack und 50/50 Leinöl/Schellack nach dem ersten Auftrag. Zwischen letzteren beiden nicht ganz so extrem. Aber der reine, rohe Leinölauftrag bringt einen ganz anderen Ton aufs Brettchen. Auch hier nach Leinölauftrag, einziehen und abwischen, problemlos direkt mehrere Schellackschichten möglich.

Ich habe dann auch noch meine Leinöl/Sojawachs/Essigessenzmischung auf Ahorn getestet und das wirkt etwas blasser )als das rohe Leinöl). Das Sojawachs ist recht hell, aber werde das morgen noch mal in einem anderen Licht prüfen.

Zu den Trocknungszeiten kann ich nicht wirklich etwas sagen, ich wüsste gerade nicht wie ich das verlässlich im Holz ermitteln könnte.

Erstes Zwischenfazit: Ist wohl eher etwas für Detailverliebte. ( ; Bei manchen Hölzern können die Unterscheide aber (vermutlich) schon enorm sein. Da ich aber über die letzten Tage nun genug Hinwiese gefunden habe und ich mir das auch bedingt rational erklären kann, ist das genug Ansporn für mich um meine Bemühungen mit dem rohen Leinöl zu vertiefen.

PS: Nach etwas Zeit setzt sich das Öl vom Schellack im Glas ab, aber kurz geschüttelt und alles ist wieder paletti.
David
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Re: Oberflächenbehandlung Leinöl + Shellack

Beitrag von David »

Ein paar Anmerkungen zum Gelesenen in keiner bestimmten Reihenfolge:

Leinöl dunkelt noch eine ganze Weile nach und kann zu sehr gelblichem Farbton führen.

Ich kann dir noch Tungöl ans Herz legen; das ist weniger vergilbend und trocknet ähnlich schnell wie Leinöl.

Schau auch mal bei Kremer Pigmente, die haben verschiedene Leinöle, auch vorpolymerisierte, die du aber vermutlich mit z.B. Orangenöl (was auch etwas weniger reizend ist als Balsamterpentin) verdünnen musst, damit es verarbeitbar ist. Es gibt auch vorpolymerisiertes Tungöl von Kreidezeit, das sollte schneller trocknen als reguläres Tungöl. Kostet natürlich aber auch alles etwas.

Generell funktionieren Lebensmittelöle gut, es gibt jedoch auch gereinigte Öle, sowohl Leinöl als auch Walnussöl, die auch etwas heller sind.

Dominik Ricker hat mal mit Schellack und Leinöl gemischt eine Oberflächenbehandlung gemacht (dürfte noch auf dem MHM Kanal, YouTube, gewesen sein).

Lemon Schellack würde ich nur nehmen, wenn du die Gelbtönung haben willst, ansonsten besser blonde/hell/hellst/gebleicht.

Schellack lässt sich wohl sehr gut spritzen, habe ich aber keine persönliche Erfahrung mit.

Ich nehme meistens entweder hellen Schellack oder Knopflack bzw. bei Öl dann Tungöl oder auch schon mal Walnuss, Leinöl seltener. Oft auch mit Orangenöl leicht verdünnt.

Wenn dich naturnahe Oberflächenbehandlungen interessieren schau dir auch mal Milkpaint (eine Kalk-Kasein Farbe) an. Wir heutzutage häufig für Windsor-Stühle verwendet; erfordert meistens aber eine Versiegelung aus (Schell)Lack oder Öl.

Gruß, David
PoorManWoodworker
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Re: Oberflächenbehandlung Leinöl + Shellack

Beitrag von PoorManWoodworker »

Moin David! Auch vielen Dank an dich, auch aus deinem Beitrag kann ich ein paar Ideen und Anregungen heraus ziehen.

Kurze Anmerkungen aus den letzten Tagen:

-Falls es mal etwas eiliger ist, ich habe die Schellackflocken in der Mühle gemahlen, sie dann aufzulösen geht im Nu'.
- In Th. Krauts Die Möbelschreinerei, spricht er vom Einlassen, der ein- oder mehrmalige Auftrag von gekochtem Leinöl, auch Wachsen bezeichnet er eigentlich als Einlassen. Heißes Leinöl dringt tiefer ein und wird wärmer in der Farbe.
Beim Wachsen spricht er von einer Trocknungszeit von ~ einem Tag, bevor der neue Auftrag erfolgen sollte, beim Leinöl macht er keine Angaben.
Was ich erst einmal interessant finde, ohne daraus Rückschlüsse ziehen zu können. Jedenfalls spricht er nicht explizit von langen Trocknungszeiten.
-In einem Buch (Titel gerade entfallen) über Möbelrestauration wird als Rezeptvorschlag Leinöl selbst abgekocht. Ich weiß auf praktisch allen Seiten wird davor gewarnt, aber ich glaube wenn entsprechende Vorkehrungen getroffen werden sollte nichts passieren. Diesbezüglich werde ich noch mal Nachforschungen anstellen.
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