Knochenleim

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
MarkusB
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Knochenleim

Beitrag von MarkusB »


Hallo zusammen,

ich habe vor einigen Monaten eine ganze Platte Knochenleim angerührt und teilweise verarbeitet.
Anschließend habe ich ihn luftdicht verschlossen.
Er ist flüssig geblieben und hat auch keinen Schimmel bekommen.
Bei Bedarf fülle ich mir was in einen Plastikbecher und erwärme ihn im Wasserbad.
Geht ruckzuck.

Spricht gegen diese Vorgehensweise etwas?

Viele Grüße

Markus

reinhold
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Re: Knochenleim

Beitrag von reinhold »


hallo Markus,
dass angerührter Knochenleim nach luftdichtem Abschluss flüssig bleibt, erscheint mir seltsam.
Normalerweise müsste er erhärten, weil Knochenleim nicht nur durch Trocknung fest wird, sondern auch beim Abkühlen erstarrt.

Die Altvorderen liessen ihn nach Gebrauch austrocknen, weil trockener Knochenleim so gut wie nie durch Schimmelpilze angegriffen wird.
Zum Gebrauch reichte es, etwas heisses Wasser zu zu geben und den Leim wieder zu erwärmen.

Ich habe aus Bequemlichkeit manchmal Knochenleim nach Gebrauch luftdicht abgeschlossen, weil ich ihn am nächsten Tag wieder verwenden wollte. Er wurde über Nacht fest und im Glas hat sich Kondenswasser abgesetzt. Wird er am nächsten Tag verwendet, reicht erwärmen, Wasserzugabe ist dann meist nicht nötig.

Gelegentlich kam etwas dazwischen und bis zur nächsten Verwendung vergingen ein paar Tage. Sehr oft ist dann der Leim im dicht verschlossenen Glas angeschimmelt. Das wirft man dann weg. Als neugieriger Mensch wollte ich einmal wissen, wie es weitergeht, Nach ein paar Wochen war der ganze Leim vom Schimmel angegriffen und im Glas hat sich eine grössere Menge Flüssigkeit gebildet. Offensichtlich ein Abbauprodukt des Schimmels.
Das sind meine Erfahrungen mit dem luftdichten Verschliessen von angerührtem Knochenleim.

Frage: hast du mal versucht, wie gut die Klebekraft dieses flüssig gebliebenen Knochenleims noch ist?
Fragen 2 und 3: Wie dünn rührst du den Knochenleim beim ersten Mal an und wie heiss machst du ihn?

Knochenleim sollte im betriebswarmen Zustand ungefähr so flüssig sein wie (nicht kristallisierter) Honig und so warm, dass man den Finger gerade noch eintauchen kann,das sind ungefähr 50 Grad. Bei kaltem Wetter gehen auch auch noch 60 Grad. Aber wärmer darf er nicht werden, weil er sich sonst zersetzt.
Als neugieriger Mensch muss ich mal probieren, was passiert, wenn man Knochenleim zu heiss macht, so 80-90 Grad. Ich habe noch nie zersetzten Knochenleim gesehen. Aber ich habe da einen Verdacht...

viele Grüße
reinhold

Michael Formanek
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Re: Knochenleim

Beitrag von Michael Formanek »


Hallo Markus, hallo Reinhold,
also bei mir bleibt Knochenleim (oder Hautleim) nur flüssig, wenn er kaputt ist. Der geliert sonst sofort bei Abkühlung.
Wenn man den Knochenleim am nächsten Tag (oder den nächsten Tagen) wieder verwenden will, ist es wirklich am einfachsten und sichersten ihn offen auskühlen zu lassen. Er verliert dabei kaum Wasser, weil sich oben recht schnell eine dichte Haut bildet. Man umgeht das Problem mit dem Kondenswasser und er hält bedeutend länger. Nach dem Erwärmen kann man ein bisschen Wasser zugeben und es passt wieder. Will man unbedingt eine gleichbleibende Leimkonzentration, kann man ein paar Tropfen Nelkenöl beigeben um Schimmel zu vermeiden und ihn mit Deckel auskühlen lassen.
Zur Erhitzung über 60 Grad kann ich die Erfahrung beisteuern, dass man den Leim schon sehr lange viel zu heiß machen muss, um ihn merklich zu schädigen. Ich habe nach historischem Vorbild einmal Furniere in Leim über mehrere Stunden gekocht und dann in einer Form verpresst (so wurden die ersten Thonet-Stühle gefertigt). Der Leim wird um einiges dunkler, aber sogar dieser Leim hat mir das Furnierpaket problemlos in der gebogenen Form verleimt.
Schöne Grüße
Michael

MarkusB
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Re: Knochenleim

Beitrag von MarkusB »


Hallo Heinz,

Danke für deine Antwort.
Knochenleim ist mir auch schon mal verschimmelt.
Durch den luftdichten Verschluss habe ich mir da Abhilfe erhofft, was auch eintrat, mit dem Nebeneffekt, das er nicht erhärtet.

Frage: hast du mal versucht, wie gut die Klebekraft dieses flüssig gebliebenen Knochenleims noch ist?

Einen Bruchtest oder Härtetest habe ich nicht gemacht. Ich habe ihn einfach verwendet.

Fragen 2 und 3: Wie dünn rührst du den Knochenleim beim ersten Mal an und wie heiss machst du ihn?

Er ist ziemlich flüssig, ungefähr wie sehr warmer Honig.
Im Plastikbecher ist immer ein Rest getrockneten Knochenleims, da kippe ich sehr heißes Wasser (Wasser, das gekocht hat und in eine Thermoskanne umgefüllt wurde, die dann zur Werkstatt getragen wurde).
Der Knochenleim löst sich dann langsam auf und ich kippe dann den flüssigen Knochenleim aus dem luftdichten Eimer drauf.
Das Ganze halte ich dann in einem Wasserbad, das auf einem Stövchen steht, warm.
Ich denke, dass nur sehr wenig Knochenleim mit dem sehr heißen Wasser in Berührung kommt, da das im Plastikbecher doch sehr schnell sich abkühlt.
Ich glaube nicht, dass das dem Knochenleim geschadet hat.
Problematischer sehe ich jetzt, dass ich den Knochenleim evtl. zu dünn angesetzt habe. Vielleicht ist er deshalb auch flüssig geblieben.

Da die Rahmen jetzt fertig sind, werde ich damit wohl leben müssen, dass der Knochenleim nicht ganz so hält wie er soll.
Der erste Eindruck ist allerdings gut.
Vielleicht stecke ich noch einen Dübel in alle Schlitz- und Zapfenverbindungen, mal schauen.

Viele Grüße

Markus

MarkusB
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Re: Knochenleim

Beitrag von MarkusB »


Hallo Michael,

Danke für deine Antwort.

also bei mir bleibt Knochenleim (oder Hautleim) nur flüssig, wenn er kaputt ist

Das hört sich ja nicht gut an. :-(
Wenn er wirklich nicht mehr halten sollte, dann hätte ich ein Problem.
Aber warum sollte der Knochenleim nicht mehr aushärten, wenn er kaputt ist?

Zur Erhitzung über 60 Grad kann ich die Erfahrung beisteuern, dass man den Leim schon sehr lange viel zu heiß machen muss, um ihn merklich zu schädigen.

Das wiederum beruhigt mich.

Die Frage, die sich mir jetzt stellt ist: Kann mein Leim "kaputt" sein und wenn ja, wie soll das geschehen sein?
Meine Vermutung, wie ich Reinhold auch schon schrieb, ist, dass ich den Knochenleim zu flüssig angesetzt habe, weshalb er auch flüssig geblieben ist.
Ich habe ihn allerdings sehr großzügig aufgetragen, was eine ziemlich Sauerei war, weshalb ich aber hoffe, dass er dennoch ausreichend hält.

Da jetzt die kühleren Tage kommen, ist meine Knochenleimzeit bald leider schon wieder vorbei, da meine Werkstatt nicht beheizbar ist.
Bei 15° würde ich ihn wohl noch verarbeiten, da ich die Leimflächen vorher immer mit einer Heißluftpistole warm föhne.

Ich denke, ich werde mal einen vorsichtigen Belastungstest machen, bevor ich das Möbel (Sitztruhe mit Schuhrost für den Flur) weiterbaue.

viele Grüße

Markus

Michael Formanek
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Re: Knochenleim

Beitrag von Michael Formanek »


Hallo Markus,
Wenn das Glutin stark abgebaut ist und nicht mehr geliert, würde ich davon ausgehen, dass die Klebkraft auch sehr stark herabgesetzt ist. Der Leim geliert normal eigentlich auch schon wenn man ihn nur als Lösche 1:20 ansetzt.
Kann es sein, dass du Fischleim gekauft hast? Den gibt es auch schon zum selbst ansetzen. Weil kaputter Knochenleim stinkt eigentlich auch furchtbar.
Ein Belastungstest ist sicher nicht schlecht. Wenn es nicht hält, kannst du es zumindest sehr gut neu verleimen.
Schöne Grüße und weiter viel Erfolg bei deinem Bauprojekt.
Michael

MarkusB
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Re: Knochenleim

Beitrag von MarkusB »


Hallo Michael,

ich habe den Knochenleim von einem alten Tischler in der typischen Plattenform und der typischen Farbe bekommen.
Ich gehe mal von Knochenleim aus.

Stinken tut der nicht, ich meine der riecht so, wie Knochenleim riechen sollte.
Ich fange aber auch gerade erst an, Erfahrungen mit Knochenleim zu sammeln.
Ein erster vorsichtiger Belastungstest auf die Schnelle verlief gut.
Das man etwas Knacken hört halte ich für normal... :-|

Viele Grüße

Markus

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tobikop
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Registriert: Mi 20. Nov 2019, 15:08

Re: Knochenleim - Literatur...

Beitrag von tobikop »


Hallo zusammen,

Markus hat "Lösche" erwähnt...das ist mir noch nicht untergekommen. Bei der Recherche bin ich auf folgende Zeitschrift gestoßen:

https://www.restaurator-im-handwerk.de/fileroot/zeitschrift-2-2011.pdf

Darin ein paar für uns interessante kuze grundlegende Artikel:

22 Holz
26 Leime
28 Schellack
31 Leinöl und Leinölfarben

Kann es sein, dass "Lösche" bei der Grundierung beim Vergolden verwendet wird?

Und noch eine Frage hat jemand von euch in einem alten Schreiner/Tischlerbuch vielleicht ein paar abfotografierte Seiten zum Thema Knochen-/Hautleim - würde mich interessieren, was da früher so gelehrt und geschrieben wurde...
Gerne auch per PN, damit es hier im Forum keine Urheberrechtsprobleme gibt...
Uwe Salzmann hat sowas mal in einem seiner Videos zum Konchenleim erwähnt - vielleicht liest du mit Uwe, ich hoffe dir gehts den Umständen entsprechend gut!

Ich lasse meinen Knochenleim im Babyfläschchenwärmer (die kleinen Brotaufstrichgläschen passen gut rein) immer noch etwas "einköcheln" und dann im offenen Gläschen erkalten - wird hart und schimmelt in der Regel nicht. (Wahrscheinlich eine Frage wie viel Wasser noch drin ist)

Schöne Grüße

Tobi


Ingo Groth
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Registriert: Di 26. Mär 2013, 20:30

Re: Knochenleim - Literatur...

Beitrag von Ingo Groth »


Hallo Tobi!

In alten Tischlerbüchern zu stöbern ist m. E. wenig hilfreich. Entweder wird die Erfahrung mit Leim vorausgesetzt (war etwas alltägliches) oder es sind viele Tips (...verwende nur den Kölner Knochenleim...) ziemlich nutzlos.

Im "Praktischen Tischler", 9 Auflage von Prof. Walde gibt es z. B. die Hinweise:

Für die Zwecke des Tischlers eignet sich der Hautleim, vor allen Dingen aber der aus Rindsleimleder am besten. und später: Knochenleim ist wegen der in ihm enthaltenen Säure nicht für Tischlerarbeiten zu verwenden, für furnierte Arbeiten wenigstens auf keinen Fall.
Weiter: Die alte Unsitte, den Leim beim Auflösen sieden - kochen - zu lassen, kann nicht scharf genug verurteilt werden!
Weiter: Soll der Leim für den Gebrauch gerichtet werden, so sind die Tafeln zuvor 12 - 24 Stunden in 12 Grad kaltem Wasser einzuweichen. Guter Leim quillt langsam aber stark auf.
Später: Soll nun der Leim zu Arbeiten verwendet werden, welche der Witterung, der Feuchtigkeit ausgesetzt sind, so muss er durch den Zusatz durch etwas chromsauren Kalium oder von 2 Prozent Karbolsäure witterungsbeständig gemacht....(werden).

Schöne Grüße aus Kiel
Ingo

reinhold
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Registriert: Do 17. Sep 2020, 16:38

Re: Knochenleim - Literatur...

Beitrag von reinhold »


hallo zusammen,

Meine alten Bücher, z.b.das Schreinerbuch von 1902, gehen auf das Arbeiten mit Leim nicht ein, das war wohl zu alltäglich.
Spannagel "Der Möbelbau" 1954, geht auf fast einer ganzen Seite auf die Glutinleime ein, behandelt aber nur sehr oberflächlich die Fragen, die uns hier interessieren, also Ansetzen und Erwärmen des Leims. Zum Aufbewahren fertigen Leims sagt er nur "Man soll nie mehr Leim streichfähig mischen, als man innerhalb weniger Tage verbrauchen kann."
Für ihn ist der Umgang mit Glutinleim so selbstverständlich, dass er es nicht für notwendig hält, näher darauf einzugehen. Und er mokiert sich ein bisschen über die alten Schreiner, die immer noch am Glutinleim hängen und den modernen Leimen misstrauen.

Tage Frid im "Möbelbau" hat eine recht gute Anleitung, ich kann sie auf Anforderung kopieren, aber nicht veröffentlichen, weil sie unter Copyright fällt.

Folgende Anleitung halte ich für recht vernünftig: https://www.feinewerkzeuge.de/G10008.html

Gruß!
reinhold

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