Unterschiede "Standard-" gegen Premium-Hobel

Hier werden Holzprojekte diskutiert, die vorwiegend mit Handwerkzeugen und nicht mit Maschinen realisiert werden. Hier ist auch ein Platz für traditionelle Oberflächenbehandlung von Holz. Ebenso geht es hier um klassische Handwerkzeuge zur Holzbearbeiteng, deren Bedeutung, Pflege und Gebrauch.
Thomas Matuschak
Beiträge: 251
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Unterschiede "Standard-" gegen Premium-Hobel

Beitrag von Thomas Matuschak »


Also ich muss mich jetzt mal outen... ich fröhne ja schon lange der Hobby-Hobelei und habe ettliche Hobel-Modelle im Regal. Fügen, Hirnholz, Gratnuten, Kurven mit Kompass-Hobel oder Schweifhobeln ... alles kein Thema,läuft.
ABER: Wenn ich mal eine große Fläche (nach dem Verleimen breiterer Streifen zu einer großen Fläche) abrichten will oder (wie kürzlich) ein großes Stück (50x25cm) Bohle als Grundplatte für ein Automodell herrichten will, stoße ich irgendwie an meine Grenzen.
Ausgangslage: Alte Eisenhobel aus USA (also die noch guten Gussqualitäten)... Stanley 4 1/2 mit dickem Veritas-Eisen, Stanley 5 mit Ron Hock Eisen, alle überholt, Eisen rasiermesserscharf.

Symptom: Ich stelle gaaanz langsam das Eisen zu... und dann plötzlich beißt der Hobel an gewissen Stellen, aber dort zu stark. Stelle ich etwas zurück, flutscht er ohne Spanabnahme übers Holz. Echt nervig

Könnte natürlich an der Geduld liegen (muss erst die erhabenen Stellen egalisieren, bevor die tieferen Stellen Spanabnahme zeigen).
ABER (und jetzt kommt's)... vielleicht sind auch meine alten Hobelsohlen einfach nicht plan genug? Oder die Eisenverstellmechanismen zu ungenau oder nachgiebig?

Und damit komme ich zur eigentlichen Frage: Hat jemand von Euch schon mal einen direkten Vergleich zwischen einem alten Stanley oder Record gegen ein vergleichbares Modell von Veritas, Clifton oder Lee Nielsen gehabt? Macht sich deren (angebliche) Präzision wirklich bemerkbar? Oder ist mein handwerkliches Geschick und Übung auf diesem Gebiet einfach nur unzureichend?

Ich schaue mir oft die Videos von Doucette & Wolfe an (die ich überhaupt fantastisch finde)... die haben nur die Premium-Marken am Start... sicher auch ein wenig Influencing im Spiel und ausserdem haben die nur "Filet-Holzstücke" in Bearbeitung. Aber wenn ich sehe, wie schön die da übers Holz gleiten und welche Späne die erzeugen... das schaffe ich meist nur beim Fügen. Daher frage ich mich, ob sich die extra-Investition in so einen Roll-Royce-Hobel lohnt. Ansich mag ich das Arbeiten mit alten, hergerichteten Werkzeugen mehr... aber ich will verdammt nochmal auch so dotterweich über's Holz gleiten wie die D&W's..

Danke für Eure Gedanken und Gruss,
Thomas

PS: Und nein, der Thread hat nix damit zu tun, dass ich bald Burtseltag habe und noch nicht weiß... ;-))

Martin Graf
Beiträge: 206
Registriert: Mo 15. Feb 2021, 20:33

Re: Unterschiede "Standard-" gegen Premium-Hobel *MIT BILD*

Beitrag von Martin Graf »


Hallo Thomas,

ich besitze ein paar Hobel von Lie Nielsen, den Nuthobel von Veritas und einige Holzhobel, d. h. mit alten Stanley oder Veritas kann ich nicht vergleichen. Die LN-Hobel sind aber schon wirklich sehr gut verarbeitet und funtkionieren aus dem Karton heraus sehr gut. Die Eisen habe ich aber trotzdem stets zuerst mit einer kleinen Mikrofase versehen, dann waren sie perfekt.
Allerdings bin ich der Meinung, dass die Hobelergebnisse der hölzernen Hobel nur in wenigen Fällen schlechter sind als mit dem LN-Hobeln. Man muss dazu nur etwas mehr Aufwand in Kauf nehmen und auch das Justieren mit dem Hammer liegt nicht jedem. Erst gestern habe ich das Eisen meiner Ulmia-Rauhbank mit Pockholzsohle frisch geschärft und war wieder mal sehr beeindruckt, wie toll die arbeitet. Ich glaube, dass ich mich vielleicht von meiner LN-Rauhbank trennen werde, denn sie bietet mir kaum noch Vorteile, d. h. sie bleibt einfach immer öfter liegen. Andererseits begeistern mich der LN-Simshobel und der kleine LN-Taschenhobel immer wieder - bei ganz feinen Arbeiten sind die beiden topp!
Zu Deinem Problem konkret: Das hört sich für mich danach an, dass die Hobelsohle im Bereich vor dem Hobelmaul nicht richtig aufliegt. Dadurch greift das Eisen erst dann, wenn es relativ weit heraussteht. Beim Hobeln werden dann die Späne regelrecht aus dem Holz herausgezogen, weil die Sohle diese direkt vor dem Maul nicht nach unten drücken kann. Ob das wirklich Dein Problem ist, kann man mit einem geraden Lineal oder besser einem Haarlineal sehr gut überprüfen. In diesem Fall müsste die Sohle abgerichtet werden, was bei einem Metall-Hobel durchaus sehr arbeitsintensiv werden kann.
Hier habe ich mal ein Foto von einem Einhand-Hobel, der genau dieses Problem zeigte:


LG
Martin

Friedrich Kollenrott
Beiträge: 3202
Registriert: Fr 19. Mär 2021, 17:09

Re: Unterschiede "Standard-" gegen Premium-Hobel

Beitrag von Friedrich Kollenrott »


Hallo Thomas,
zu Deinem Hobelproblem: Wenn die Eisen wirklich scharf sind, nehmen sie auch einen sehr dünnen Span. Wenn Du trotzdem dieses "in der Fläche ungleich zupacken"- Problem hast, würde ich auch auf eine krumme Sohle tippen.
Zum Unterschied Standard gegen Premium: Ich habe fast nur eiserne Hobel. Die alten Stanleys (Baileys) sind über jeden Zweifel erhaben, aber nicht für (im Sinne der alten Tischler, die davon leben mussten) übertriebene Präzision gedacht. Also, meine Veritas- Flachwinkel- Raubank ist schon sehr viel präziser als mein Stanley #8. Trotzdem mag ich ihn lieber. Ähnlich ist es auch bei den Putzhobeln. Veritas ist sehr präzise aber weniger ergonomisch als ein alter Stanley. Es hängt immer davon ab, was man braucht. Bei meinen Simshobeln ist der von LN (ohne Lateralverstellung, Anschlagschrauben usw.) viel besser als der Veritas mit seinem ganzen Schnickschnack.
Ich hatte mal die ganze Palette der Juuma- Hobel hier (zum Verfassen von Gebrauchsanleitungen). Mittelklasse, wie man so sagt. Alles sehr ordentliche Hobel und sicher im Gebrauch nicht schlechter als Premium. Da bin ich ganz sicher: so ein Hobel muss sich, gut geschärft, vor keinem Edelfabrikat verstecken, auch nicht wenn es um hauchfeine Späne geht.
Was wirklich schlecht ist, sind die neuen Billighobel. Aber die meinst Du ja auch nicht.

Grüße, Friedrich



Rafael
Beiträge: 845
Registriert: Do 6. Jul 2017, 18:43

Re: Unterschiede "Standard-" gegen Premium-Hobel

Beitrag von Rafael »

[In Antwort auf #154733]
Hallo

Die Möglichkeit, dass die Sohle konkav ist, wurde schon erwähnt.
Es gibt noch eine mögliche Ursache für das beschriebene Verhalten. Wenn das Eisen an der tiefsten Stelle nicht am Frosch anliegt, sondern etwas davon absteht, kann es passieren, dass beim ersten Kontakt der Schneide mit dem Holz das Eisen etwas nach hinten gebogen wird und die Schneide dadurch etwas tiefer steht als zuvor. In diesem Falle würde das Eisen auf einmal viel tiefer ins Holz eintauchen als es vorgesehen war.
Etwas Ähnliches ist auch möglich, wenn die Rückseite des Eisens nicht einigermaßen plan ist, sondern konvex. Dann könnte das Eisen nach links oder rechst wippen und beim ersten Kontakt mit dem Holz gräbt sich dann eine Ecke des Eisens ein. Das würde man aber leicht überprüfen können, wenn der Hobel langsam über eine recht plane Holzoberfläche geschoben wird. Dann sieht man ja was passiert, wenn das Eisen "greift".

Alte Hobel können gut sein, aber die Tatsache dass sie alt sind bedeutet nicht gleich, dass sie auch gut für die Arbeit vorbereitet sind. Ohne gründliche Überprüfung kann man nicht sagen, dass solch ein Hobel gut arbeiten wird.

Ich habe einige hölzerne Hobel und auch welche aus Metall, alle sind so vorbereitet, dass man damit gut arbeiten kann. Nach einem "Premium" Hobel hatte ich noch keinen inneren Ruf verspürt.
Das meiste Geld habe ich für einen JUUMA 4 ausgegeben (na ja, eigentlich wurde er mir geschenkt). Und dazu kommt noch ein Ulmia Reform-Putzhobel mit Pockholzsohle, den ich aber zu einem sehr freundlichen Preis erworben habe (laut aktueller Verkaufsliste ist er auch nicht gerade preiswert).

Rafael

Andreas Ranogajec
Beiträge: 582
Registriert: Do 16. Sep 2021, 02:04

Re: Unterschiede "Standard-" gegen Premium-Hobel

Beitrag von Andreas Ranogajec »


Hallo,...
bei Hobelproblemen ist es nicht ganz einfach eine einfache Antwort zu geben,...
Bei der Auswahl der Hobel läßt sich das wohl eher einengen. Leute die viel hobeln, wissen in etwa worauf sie
eher die Gewichtung legen.
Die mittlere Preislage bei Hobelkäufen ist nie verkehrt. Weiss man doch, dass die Geometrie, das Eisen, die
Mechanik und die Planheit der Sohle ohne Nachbesserungen von vorherein stimmig sind.
Du hast geschrieben, dass deine Hobel getuned und nachgerüstet sind und du hier und da Nachbesserungen
vorgenommen hast.
Da könnte natürlich dein Problem liegen...
Wenn du fremde Teile einbaust, veränderst du die Abstimmung der Teile des Hobels.
Sofern man fremde Eisen verwendet, muß man sehr genau überprüfen, ob das Joch der Tiefenverstellung
noch funzt, ob die Lage des Frosches eine einwandfreie Gängigkeit ermöglicht und ob die Maulöffnung mit dem
neuen Eisen korrespondiert.

Gruß Andreas


Thomas Matuschak
Beiträge: 251
Registriert: Di 4. Jun 2013, 22:44

Re: Unterschiede "Standard-" gegen Premium-Hobel

Beitrag von Thomas Matuschak »


Hallo Rafael,
vielen Dank für den Hinweis mit dem nicht anliegenden Eisen - das klingt sehr plausibel, werde ich auf alle Fälle prüfen und berichten, wenn ich was finde.

Gruss,
Thomas

Johannes F
Beiträge: 172
Registriert: Di 26. Sep 2017, 22:18

Re: Unterschiede "Standard-" gegen Premium-Hobel

Beitrag von Johannes F »

[In Antwort auf #154733]
Hallo Thomas,

ich bin auch der Meinung, dass ein gut hergerichteter Hobel auch sehr gut arbeiten kann und man nicht unbedingt ein Premiummodell benötigt, wobei ich an Veritas und LieNielsen nur Grund- und Nuthobel habe und bei den Bankhobeln nicht den Direktvergleich anstellen kann.

Was noch nicht erwähnt wurde: Überprüfe auch in dem Zusammenhang die Planheit Deiner Werkstückunterlage (Hobelbank). Ist diese leicht konkav (bei mir leider der Fall), biegt man beim Hobeln das Werkstück durch, und kann dann auf einem ansonsten halbwegs planen Werkstück keinen Span abnehmen. Wenn man das Eisen immer weiter zustellt, hakt es irgendwann ein - aber sauber hobeln kann man so nicht. Da meine MPX-Konstruktion nicht so gut zum Abrichten der Oberfläche geeignet ist, unterfüttere ich längere Werkstücke daher, was zwar umständlich und nervig ist, aber es geht einigermaßen. Falls das nicht der Fall sein sollte, würde ich auch auf eine hohle Sohle tippen. Mein #4 war auch zu Beginn leicht hohl und ich kam einfach nicht zurecht. Nachdem wir das bei Friedrich gerichtet hatten - Nochmal Danke an ihn! - und ich die Spanbrecherposition sehr dicht gestellt hatte, konnte ich mit ihm auch ungünstigen Faserverlauf gut hobeln.

Viel Erfolg weiterhin und vergiss nicht die Lösung hier einzustellen.

Grüße

Johannes

Thomas Matuschak
Beiträge: 251
Registriert: Di 4. Jun 2013, 22:44

Re: Unterschiede "Standard-" gegen Premium-Hobel

Beitrag von Thomas Matuschak »


Hallo Johannes,
vielen Dank - auch das mit der Unterlage ist ein guter Hinweis.. eigentlich weiß ich das, habe es aber wohl aus den Augen verloren. Das werd ich auf jeden Fall prüfen.
Und in der Tat ist es so, das meine große, improvisierte "Hobelbank" in der Garage nicht so steif ist, wie meine kleine (richtige) in der Werkstatt. Das wäre die Erklärung für die Probleme bei großen Platten,
die ich alle in der Garage mache.

Gruss,
Thomas

Andreas Ranogajec
Beiträge: 582
Registriert: Do 16. Sep 2021, 02:04

Re: Unterschiede "Standard-" gegen Premium-Hobel

Beitrag von Andreas Ranogajec »

[In Antwort auf #154736]
Hallo Martin.
wenn ich mir die Position der Lichtquelle bei der Überprüfung der Planheit deines Blockhobels so
anschaue, hab ich den Verdacht, dass du durch das Hobelmaul durchgeleuchtet hast und eine Art Reflexion
erzeugt hast, die das Problem größer erscheinen läßt als es ist. Zudem kann ein Fehler ebenso ent-
stehen, wenn das bewegliche Vorderstück oder die Eisenklappe nicht fest genug mit der Feststellschraube angezogen
wurden.
Selbst wenn Zehntel mm auf die relativ kleine Länge (15oder20mm) der Unebenheit (Lichtspalt) mit Haarlineal angezeigt werden,
wirkt sich das kaum auf das Hobelergebnis aus.
Viel wichtiger ist die korrekte Feineinstellung der Schneide.
In solchen Meßbereichen wirst du kaum mit Sicherheit feststellen können ob das Abrichten der Sohle oder die erneute
Eiseneinstellung zu einer Verbesserung geführt haben.
Dazu sind die Meßwerte viel zu klein.

Gruß Andreas

Nikolaus
Beiträge: 174
Registriert: Mo 20. Jan 2014, 18:22

Re: Unterschiede "Standard-" gegen Premium-Hobel

Beitrag von Nikolaus »


Hallo Thomas,

ich besitze auch nur alte Stanleys, #3, #4, #5, #6, #8. Ich habe alle auf einem Stück plangeschliffenem Granit mit aufgeklebtem 400er Schleifpapier abgerichtet. Auch den Frosch. Das hat viel gebracht. Wenn man mit einem Edding ein Rautenmuster auf die Hobelsohle zeichnet und dan einmal über das Schleifpapier schiebt, dann sieht man schon was los ist. Nur, das Eisen sollte montiert sein, damit die Spannung stimmt! Natürlich soweit zurückgezogen das es nicht schaden nimmt.

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